Jahrbücher für Geschichte Osteuropas:  jgo.e-reviews 6 (2016), 2 Rezensionen online / Im Auftrag des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg herausgegeben von Martin Schulze Wessel und Dietmar Neutatz

Verfasst von: Georg Wurzer

 

Abraham Ascher: The Russian Revolution. A Beginners Guide. London: One­world, 2014. XI, 206 S. = Beginners Guides. ISBN: 978-1-78074-387-5.

Der Titel der Serie, in der dieses kleine Buch erschienen ist, ist Programm: Man will gut lesbare Einführungen für Laien zu den entsprechenden Fachgebieten vorlegen. Um solche Werke schreiben zu können, ist eine profunde Sachkenntnis und eine umfangreiche Lehrerfahrung Voraussetzung. Beides ist bei dem Autor, emeritierter Professor an der City University von New York, reichlich vorhanden.

Ascher spannt einen Bogen, der von den Ursprüngen der Industrialisierung im Russischen Reich bis hin zur politischen Situation in der heutigen Russischen Föderation reicht. Die Revolutionen von 1905, 1917 sowie die „stalinistische Vollendung der Revolution“ (so der Titel von Kapitel 7) stehen dabei deutlich im Zentrum der Darstellung.

Formal zerfällt der Text in acht Abschnitte, die chronologisch geordnet sind. Der Verfasser gibt dabei im Wesentlichen den anerkannten Forschungsstand wieder. Sein Hauptaugenmerk gilt der politischen Geschichte, allerdings werden durchaus auch soziale und wirt­schaftliche Faktoren berücksichtigt. Es ist verständlich, dass es bei dem ehrgeizigen Projekt, ein solch hochkomplexes Thema einem Publikum ohne Vorwissen zu präsentieren, zu vergröbernden Aussagen kommt und viele Facetten und Interpretationsmuster unerwähnt bleiben. Einige Bemerkungen sind etwas zweifelhaft, so beispielsweise, dass die Stolypinschen Reformen die Revolutionen von 1917 wohl hätten verhindern können (S. 48/9) oder dass 1914 kein verantwortlicher Staatsmann seine Nation in die Schlacht führen wollte (S. 54). Auch die persönlichen Charakterzüge, die Ascher den maßgebenden politischen Protagonisten zuschreibt, scheinen manchmal etwas holzschnittartig. Ist die Beschreibung für die Jahre 1905 bis 1953, dem Todesjahr Stalins, noch kohärent, so fällt der Überblick für die Zeit danach zu kursorisch aus, und mit dem Schwerpunkt auf der Kuba-Krise unter Chruščev zeigt der Autor wie an anderen Stellen auch, dass er zuvorderst aus einer amerikanischen Perspektive schreibt. Einige Auslassungen sind gravierend, so die Nichterwähnung der Intervention in Afghanistan als Faktor für den Zerfall der Sowjetunion.

Das Manuskript wurde im Jahr 2013 abgeschlossen. Aber auch ohne Kenntnis der Annexion der Krim und des russischen Engagements in der Ostukraine bietet Ascher eine Einschätzung des Herrschaftsstils Putins, die heute mehr und mehr öffentliche Anerkennung gewinnt.

Seinem Anspruch, ein Beginners Guide zu sein, wird das Buch vollständig gerecht, auch wenn man die genannten Desiderata im Auge behält. Es bietet eine interessant zu lesende und einfache Einführung in die Geschichte Russlands und der Sowjetunion im 20. Jahrhundert.

Georg Wurzer, Wilhelmsdorf (Baden-Württemberg)

Zitierweise: Georg Wurzer über: Abraham Ascher: The Russian Revolution. A Beginner’s Guide. London: Oneworld, 2014. XI, 206 S. = Beginner’s Guides. ISBN: 978-1-78074-387-5, http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/erev/Wurzer_Ascher_The_Russian_Revolution.html (Datum des Seitenbesuchs)

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