Jahrbücher für Geschichte Osteuropas: jgo.e-reviews 5 (2015), 2 Rezensionen online / Im Auftrag des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg herausgegeben von Martin Schulze Wessel und Dietmar Neutatz
Verfasst von: Paul Srodecki
Marceli Kosman: Krzyżem i mieczem. Chrzest Litwy w historii i propagandzie politycznej [Mit dem Kreuz und dem Schwert. Die Christianisierung Litauens in der Historiographie und der politischen Propaganda]. Poznań: Uniwersytet im. Adama Mickiewicza w Poznaniu, 2010. 248 S. ISBN: 978-83-62907-00-7.
Das erstmals im Jahre 1009 in den Quedlinburger Annalen erwähnte Litauen war das letzte europäische Land, das im Mittelalter den alten heidnischen Glauben zugunsten des Christentums aufgab. Zwar nahm der litauische Großfürst Mindaugas bereits im Jahre 1251 das Christentum an und ließ sich zwei Jahre später zum ersten (und nota bene einzigen) christlichen König von Litauen krönen. Nach seinem Tod fiel das Land allerdings wieder vom Christentum ab und verteidigte sich lange Zeit gegen die gewaltsamen Christianisierungsversuche des Deutschen Ordens. Erst unter dem Gediminen Jogaila, der durch die Heirat mit der polnischen Königin Hedwig von Anjou im Jahre 1386 zum römisch-katholischen Christentum übertrat, und unter seinen Nachfolgern auf dem großfürstlichen Thron wurde Litauen nachhaltig christianisiert. Die aus Litauen stammenden Jagiellonen stiegen sodann während des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit zu einer der mächtigsten Dynastien Europas auf. Schon das durch Jogaila/Jagiełło, den Begründer der Dynastie, in Personalunion geführte, multikonfessionelle Doppelreich Polen-Litauen umfasste weite Teile Ostmittel- und Osteuropas.
In der vorliegenden Monographie thematisiert Marceli Kosman, der Leiter des Zakład Kultury Politycznej (Institut der politischen Kultur) der Adam-Mickiewicz-Universität Posen, sowohl die gewaltsamen als auch die friedlichen (missionarischen und diplomatischen) Versuche des Deutschen Ordens und des Königreichs Polens zur Christianisierung Litauens. Im Fokus steht vor allem die schriftliche Aufarbeitung des Übertritts der Litauer zum Christentum in der Historiographie und der politischen Propaganda vom späten Mittelalter bis in die jüngste Zeit. Dabei zeichnet Kosman die zum Teil diametral gegensätzlichen polnischen, litauischen, deutschen und russischen Berichte zur Christianisierung Litauens nach und gibt so einen guten bibliographischen Überblick zum Thema (wenn auch sehr auf die polnische Literatur fokussiert).
Dies sind die zentralen positiven Aspekte des Buches. Dieses ist in zwei thematische Teile gegliedert. Der Gegenstand des ersten Teils ist ein geschichtlicher Abriss zur Christianisierung Litauens (insgesamt 111 Seiten). Nach einer sehr knapp gehaltenen Einleitung, die weder einen Überblick über den vom Autor gewählten Aufbau der Monographie noch über das methodische Vorgehen gibt, widmet sich Kosman im zweiten Kapitel sofort und ohne Überleitung der mangels ausreichender Quellen sehr konturlosen Figur des Mindaugas. Im nächsten Abschnitt thematisiert der Autor die im späten 13. und ganzen 14. Jahrhundert miteinander um die Gunst der litauischen Herrscher konkurrierenden christlichen Konfessionen des lateinisch-abendländischen und des griechisch-östlichen Ritus. Die Kapitel 4–7 gehen sodann auf die polnisch-litauische Union unter den Jagiellonen und ihre Bedeutung für die Christianisierung Litauens ein. Im zweiten Teil des Buches geht Kosman sehr knapp, da auf nur 21 Seiten, auf die eigentlichen, titelgebenden Fragen des Buches ein und fragt nach der Bedeutung Polens bei der Christianisierung Litauens und ihrer Behandlung in Historiographie und Politik vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Das auf den zweiten Teil des Buches folgende Résumé hat seinen Namen nicht verdient, erklärt doch Kosman hier auf nicht mehr als einer Seite, wieso er sich für das erörterte Thema entschieden hat. Eine Zusammenfassung der auf den vorhergehenden 142 Seiten gezogenen Schlussfolgerungen sucht man vergeblich.
Zu guter Letzt wartet die Monographie mit einem ausgedehnten Anhang auf, der fast doppelt so lang ausfällt wie der Hauptteil der Arbeit. Hier erwarten den Leser vier eigenständige Essays zum Protestantismus im polnisch-litauischen Reichsverband der Frühen Neuzeit, zu dem katholischen Theologen Stanisław Hozjusz (latinisiert Stanislaus Hosius) und seiner Rolle in den konfessionellen Auseinandersetzung im Litauen des 16. Jahrhunderts, zur Geschichte der Universität Vilnius und schließlich zur polnischen Historiographie zur Kirchengeschichte in der Vilnius-Region. Im abschließenden fünften Annex werden sechs in der jüngsten Vergangenheit erschienene Werke zur Christianisierungs- und Kirchengeschichte Litauens rezensiert.
Der Aufbau des Buches ist recht chaotisch und ohne fließende Übergänge zwischen den Kapiteln. Zudem fehlt der Monographie eine die Intentionen des Werkes erklärende Einleitung. Stattdessen geht Kosman in der Einleitung auf die Ereignisse in Polen nach dem Smolensker Flugzeugabsturz 2010 ein. So macht das Buch letztendlich auch mehr den Eindruck einer bunt zusammengewürfelten Aufsatzsammlung als eines monolithisch geschriebenen Werkes. Zudem fehlen historische Karten – gerade ein Werk, das mit dem südostbaltischen Gebiet einen genuin geographischen Unterton gibt und den Raum als historische Größe in den Mittelpunkt stellt, hätte wenigstens die eine oder andere Karte verdient.
Zitierweise: Paul Srodecki über: Marceli Kosman: Krzyżem i mieczem. Chrzest Litwy w historii i propagandzie politycznej [Mit dem Kreuz und dem Schwert. Die Christianisierung Litauens in der Historiographie und der politischen Propaganda]. Poznań: Uniwersytet im. Adama Mickiewicza w Poznaniu, 2010. 248 S. ISBN: 978-83-62907-00-7, http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/erev/Srodecki_Kosman_Krzyzem_i_mieczem.html (Datum des Seitenbesuchs)
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