Jahrbücher für Geschichte Osteuropas:  jgo.e-reviews 6 (2016), 2 Rezensionen online / Im Auftrag des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg herausgegeben von Martin Schulze Wessel und Dietmar Neutatz

Verfasst von: Hans-Christian Maner

 

Radu Nedici Formarea identităţii confesionale greco-catolice în Transilvania vea­cului al XVIII-lea. Biserică şi communitate. Bucureşti: Editura Universităţii din Bucureşti, 2013. 492 S. ISBN: 978-606-16-0279-7.

Als eine wichtige Aufgabe hatte Maria Theresia ihrem General Adolf Nikolaus von Buccow, der 1761 nach Hermannstadt kam und ein Jahr später zum Gubernator von Siebenbürgen ernannt wurde, übertragen, die konfessionellen Unruhen zu befrieden. Diese waren vor mehr als einem Jahrzehnt um die zu Beginn des 18. Jahrhunderts zustandegekommene Union mit Rom entstanden. Die Aufgabe Buccows war nun, die beiden zerstrittenen Kirchen, die orthodoxe und die griechisch-katholische, klar zu separieren. Neben der Aufteilung der Kirchengebäude und des Besitzes betraf dies auch die klare Zuordnung der Gläubigen. Dieser Versuch einer klaren Abgrenzung berührte die konfessionelle Identität im Allgemeinen sowie die griechisch-katholische Identität im Besonderen.

Diese hier zu besprechende Publikation, die aus einer 2012 an der Geschichtsfakultät der Universität Bukarest abgeschlossenen Dissertation hervorgegangen ist und diesen identitären Entwicklungen im 18. Jahrhundert nachgehen will, sticht in besonderer Weise hervor.

Der eigentlichen Studie schickt Nedici eine minutiöse, auf mehreren Ebenen sich abspielende historiographische Darstellung voraus. Zunächst klärt er den Stand der westeuropäischen, insbesondere deutschen, italienischen und französischen Kirchengeschichtsschreibung und verdeutlicht seine Herangehensweise als Historiker. Zugleich zeigt er den schwierigen, vielfach kontroversen Weg der Auseinandersetzung mit der konfessionellen Identität im rumänischen Sprachraum. Schließlich erläutert er sein Konzept sowie seine Methode, klärt Begriffe („Konfessionalisierung“, „konfessionelle Formierung“) und erläutert seinen Untersuchungszeitraum (1683–1782).

In einem umfassenden Zugang skizziert der Autor im Hauptteil zunächst die verschiedenen Unionsbestrebungen der Ost- und Westkirche nach dem endgültigen Schisma im 11. Jahrhundert, die Union von Florenz (1439), die Bestimmungen des Konzils von Trient (1564), die Unionsbemühungen im Osten (Union von Brest 1596; Union von Zamość 1720, Union von Marča 1611). Dabei tritt die Spannung zwischen der integrationistischen Haltung Roms und dem Streben der Ostkirchen, den eigenen Ritus aufrechtzuerhalten sowie die Kontakte zu den anderen Ostkirchen nicht zu verlieren, markant in den Vordergrund. Deutlich wird darüber hinaus, dass die ganzen Unionsbestrebungen im östlichen Europa nicht ohne die politischen und sozialen Entwicklungen zu verstehen sind.

Vor diesem Hintergrund beschreibt Nedici den Weg zur Kirchenunion in Siebenbür­gen zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Dabei wird der Blick über die politischen Implikationen auch hin zu den Positionen der verschiedenen Konfessionen, der katholischen, cal­vinistischen und orthodoxen, geweitet. Ansätze der Positionierung als eigenständige Konfession werden dabei herausgearbeitet. In drei nachfolgenden großen Kapiteln entfaltet der Autor den Kern seiner Untersuchung. Er geht zunächst der Frage nach dem Verständnis vom rechten Glauben und der Häresie in der neuen Kirche nach. In einem zweiten Schritt wird die neue kirchliche Elite näher beleuchtet. Wie positionierte sich diese und welche Aspekte konfessioneller Identität entwickelte sie? Schließlich verfolgt Nedici einzelne Stationen auf dem Weg der Konstruktion der neuen Konfessionsgemeinschaft. Die großen Abschnitte der besonders dichten und komplexen Erzählung werden stets mit Bemerkungen abgeschlossen, in denen der Autor die zentralen Ergebnisse prägnant zusammenfasst.

Die fundierte Analyse fußt auf einer breiten Quellengrundlage aus den verschiedenen vatikanischen Archiven, dem österreichischen Staatsarchiv, dem ungarischen Staatsarchiv, den Archiven der unierten Kirche Siebenbürgens in Karlsburg/Alba Iulia und Klausenburg/Cluj. Die insgesamt ausgeglichene und reflektierte Darstellung ist die erste ihrer Art und sie legt die Grundlagen für weitere Forschungen zur griechisch-katholischen Kirche in Siebenbürgen auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Auch wenn abschließend ein sinnvolles Abstract die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit in englischer Sprache zusammenfasst, wäre eine Übersetzung des Buches aus dem Rumänischen in eine einem größeren Lesepublikum zugängliche Sprache sehr zu empfehlen. So könnten nämlich auch Vergleiche zu Entwicklungen in den anderen regionalen griechisch-katholischen Kirchen im östlichen Europa ermöglicht werden.

Hans-Christian Maner, Mainz

Zitierweise: Hans-Christian Maner über: Radu Nedici Formarea identităţii confesionale greco-catolice în Transilvania veacului al XVIII-lea. Biserică şi communitate. Bucureşti: Editura Universităţii din Bucureşti, 2013. 492 S. ISBN: 978-606-16-0279-7, http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/erev/Maner_Nedici_Formarea_identitatii.html (Datum des Seitenbesuchs)

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