Andreas Jasper: Zweierlei Weltkriege? Kriegserfahrungen deutscher Soldaten in Ost und West 1939–1945. Paderborn: Schoeningh, 2011. 344 S. = Krieg in der Geschichte, 66. ISBN: 978-3-506-77124-7

Andreas Jasper: Zweierlei Weltkriege? Kriegserfahrungen deutscher Soldaten in Ost und West 1939–1945. Paderborn: Schoeningh, 2011. 344 S. = Krieg in der Geschichte, 66. ISBN: 978-3-506-77124-7.

Das Buch ist die überarbeitete Fassung der Dissertation des Autors aus dem Jahre 2010. Sie ist im Rahmen des Sonderforschungsbereiches „Kriegserfahrung. Krieg und Gesellschaft in der Neuzeit“ an der Universität Tübingen entstanden.

Im Einleitungskapitel nimmt der Autor zu Thema, Fragestellungen, Forschungslage, Quellen und „Erkenntnisinteresse“ (?) umfangreich Stellung. Das Thema der vorliegenden Arbeit beschreibt der Autor als die „Kriegserfahrungen deutscher Soldaten, die zwischen 1939 und 1945 sowohl im Osten als auch im Westen eingesetzt waren“. In den drei Abschnitten will er sich mit den „Kriegserfahrungen“, dem „Verhältnis von Wahrnehmung und Deutung für die Kriegserfahrung an der Front und im Hinterland“ und schließlich mit den „Erfahrungen der Soldaten mit den Kriegsschauplätzen in Ost und West“ beschäftigen. Bei dem Vergleich der Erfahrungen des „Vernichtungskrieges“ im Osten mit dem „Normalkrieg“ im Westen „geht es um den Zusammenhang von Weltanschauungskrieg und Verbrechen sowie um die Frage, in welchen gewachsenen Raumvorstellungen von Ost und West die aus der Rassenideologie entwickelte Kriegspolitik des Dritten Reiches umgesetzt und erfahren wurde“. Die Frage wird vom Autor auch gleich beantwortet, indem er feststellt, dass „die historisch gewachsene kulturelle Beurteilung von Ost und West als Handlungsrahmen für radikale Kriegspolitik […] die Kriegführung des Dritten Reiches und die Kriegserfahrungen deutscher Soldaten […] wesentlich mitbestimmt (hat)“. Bereits im Ersten Weltkrieg sieht der Autor „die erste Manifestation eines Weltanschauungskrieges“ (S. 13).

Die Quellengrundlage der Untersuchung bilden Feldpostbriefe aus der Bibliothek für Zeitgeschichte Stuttgart, dem Landeshauptarchiv Koblenz, dem Institut für Zeitgeschichte München und dem Staatsarchiv Osnabrück. Der ausgewertete Bestand umfasst neben Einzelbriefen und Kurzserien 28 längere Briefserien bzw. Tagebuchbestände und Material aus vier editierten Beständen mit 1505 Briefen. Insgesamt werden 28 Soldaten berücksichtigt, von denen 19 im Fronteinsatz waren.

Der erste Teil: „Wege durch den Krieg“ orientiert sich an den militärischen Zäsuren des Zweiten Weltkrieges. Im zweiten und längsten Abschnitt „Die Erfahrungen des Krieges“ geht der Autor in vier Untergliederungsebenen dem Kriegsalltag an und hinter der Front nach. Hier werden Erfahrungen und Wahrnehmungen der Ausbildungspraxis, der Organisationsstrukturen oder auch des Personals dargestellt. Im dritten Abschnitt „Kriegserfahrung in Ost und West“ wird der methodische Zugang aus dem ersten und zweiten Abschnitt gemischt. Es geht um den Kriegsverlauf genauso wie um „Zweierlei Fremderfahrungen in Ost und West“ und „Zwei Kriege in einem?“, wo auf Rasse/Weltanschauung und den Holocaust eingegangen wird.

Im Aufbau der Arbeit wird eine stringente Logik nicht sichtbar. Die Hauptkapitel und auch ihre Untergliederung wirken wie Versatzstücke, was nicht bedeutet, dass die verwendeten Quellen für sich nicht aussagefähig wären und die vom Autor formulierten Thesen nicht bestätigen würden. Nun ist es generell problematisch, einen Buchtitel als Frage zu formulieren, die eine eindeutige Antwort erwarten lässt. Das ist aber in diesem Fall nicht möglich, weil der Leser bis zum Schluss nicht eindeutig darüber informiert wird, welche Alternativen gemeint sind. Ost oder West; Front oder Etappe; Soldat oder Gesellschaft; Politik oder Militär; Krieg oder Holocaust? Mehrerlei Weltkriege? – ja.

Der Band besitzt ein Personen- und ein Ortsregister.

Ralph Schattkowsky Rostock/Toruń