Jahrbücher für Geschichte Osteuropas:  jgo.e-reviews 5 (2015), 3 Rezensionen online / Im Auftrag des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg herausgegeben von Martin Schulze Wessel und Dietmar Neutatz

Verfasst von: Jan Kusber

 

Brücken bauen – Analysen und Betrachtungen zwischen Ost und West. Festschrift für Leonid Luks zum 65. Geburtstag. Hrsg. von John Andreas Fuchs, Andreas Umland und Jürgen Zarusky. Stuttgart: Ibidem, 2012. 444 S., 1. Abb. ISBN: 978-3-8382-0353-9.

Inhaltsverzeichnis:

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Es hat Tradition, verdienten Historikerinnen und Historikern zu ihrem runden Geburtstag eine Festschrift zuzueignen. Die vorliegende Festschrift ist dem Eichstätter Lehrstuhlinhaber Leonid Luks gewidmet, und der Titel Brücken bauen umschreibt das Ziel der jubiläumsorientierten Aufsatzsammlung, an die man wohl nicht solche Anforderungen stellen darf wie an einen stringent komponierten Sammelband. Präsentiert wird also ein Panorama von Beiträgen, das aus interdisziplinärer Sicht die Felder zusammenführt, in denen Leonid Lux sich wissenschaftlich bewegt, publiziert und lehrt: Ideengeschichte, historische Totalitarismusforschung, die Darstellung von Fremdheit und Gegenseitigkeit im West-Ost-Gegensatz, Geschichte des Kommunismus und schließlich Transformationsprozesse. Bei einem solch breiten und weiten Feld nimmt es nicht wunder, wenn das Tableau ein disparates bleibt. So wie die Zugänge der Disziplinen unterschiedlich sind, so verschieden sind auch hier die Zugriffe, und so heterogen sind die Themen.

Dies spricht einerseits für die breiten Interessen von Leonid Lux und andererseits für seine sehr gute Vernetzung in einem bestimmten Segment der scientific community, in dem die Geschichtswissenschaft die Grenze zur Politologie und zur Philosophie und auch Literaturwissenschaft überschreitet. Das muss man wie Leonid Luks können – dann gelingen anregende Essays. Karsten Ruppert beispielsweise denkt in seinem Beitrag darüber nach, wie man Geschichte als Wissenschaft mit einem Bezug auf Gott schreiben kann, und nimmt als eine der Bezugsgrößen das Werk Reinhard Wittrams über Peter I. Auch sind eindeutig in einer Disziplin verortete Beiträge lesenswert – so der von Alexander Vatlin mit einer Fallstudie zu zwei Schicksalen deutscher Kommunisten in den Jahren des sowjetischen Terrors (dem es freilich an Anmerkungen weitgehend fehlt), der von Wiebke Bachmann und Zaur Gasimov zu publizistischen Aktivität von aserbaidschanischen Exilanten im Berlin der Zwischenkriegszeit oder der von Andreas Hilger mit seiner Detailstudie zur bundesdeutschen Diplomatie in den deutsch-sowjetischen Verhandlungen über die deutsche Einheit. Manche Beiträge sind freilich kaum überarbeitete oder ergänzte Vortragsmanuskripte, zum Beispiel derjenige von Nikolaus Lobkowicz, der weniger Eric Voegelin als sich in seiner Beziehung zu ihm beschreibt.

Leonid Luks ist es in seiner Tätigkeit immer auch ein Bedürfnis, die russische Geschichte, insbesondere die russische Ideen- und Geistesgeschichte auf ihr Erkenntnispotential für die Gegenwart zu befragen. Dabei sind ihm – so Andreas Umland in seinem einleitenden Beitrag zu recht – auch Interpretationen und Analysen gelungen, die gegen den Mainstream der deutschen Osteuropaforschung liefen. Solche hat Luks auch angeregt, wie etwa die Studie von Antonia Sykora über Putins Russland in den Augen der deutschen Presse, in der offen Sympathie für eine gefühlte Zurückweisung Russlands durch „den Westen“ nach dem Ende der Sowjetunion zum Ausdruck kommt. Manche der Beiträge werden keine lange Halbwertszeit haben. Ein Beispiel dafür ist etwa der Beitrag von Hans-Georg Wieck über Deutschland und Russland im europäischen Gefüge, in dem einmal mehr in einer ahistorischen Weise die Theorie von Moskau dem Dritten Rom variiert wird, um Konstanten der russischen Geschichte zu konstruieren.

Der Gesamteindruck bleibt also zwiespältig: Insgesamt bietet der Band ein Kaleidoskop unterschiedlich gewichtiger Einsichten über die (Zeit‑)Geschichte und Geschichtsphilosophie Russlands im 20. und im frühen 21. Jahrhundert.

Jan Kusber, Mainz

Zitierweise: Jan Kusber über: Brücken bauen – Analysen und Betrachtungen zwischen Ost und West. Festschrift für Leonid Luks zum 65. Geburtstag. Hrsg. von John Andreas Fuchs, Andreas Umland und Jürgen Zarusky. Stuttgart: Ibidem, 2012. 444 S., 1. Abb. ISBN: 978-3-8382-0353-9, http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/erev/Kusber_Fuchs_Bruecken_bauen.html (Datum des Seitenbesuchs)

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