Jonathan Shepard (ed.) The Expansion of Orthodox Europe. Byzantium, the Balkans and Russia. Ashgate Publishing Aldershot, Hampshire, Burlington, VT 2007. LV, 532 S., Abb., Ktn. = The Expansion of Latin Europe, 1000–1500.

Der Sammelband ist in seiner Zielsetzung und in seinen thematischen Schwerpunkten als Begleit- und Ergänzungsband zu einem weiter gefassten Forschungsprojekt konzipiert, das den eu­ropäischen Expansionsbewegungen im Mittel­alter (The Expansion of Latin Europe, 1000–1500) und in der frühen Neuzeit (Expanding World: The European Impact on World History 1450–1800) gewidmet ist. Den Leser erwartet allerdings keine Sammlung originärer Quellenstudien, die den aktuellen Forschungsstand zu den behandelten Themen repräsentieren, sondern ein Reader. Die Beiträge der 22 Autoren sind erstmals zwischen 1949–2003 in Fachzeitschriften oder einschlägigen Monographien im Druck erschienen.

Im seinem Einleitungskapitel „Tides of Byzantium: The Many Forms of Expansion and Contraction“ (S. XXV–LX) versucht der Herausgeber, die unterschiedlichen Aspekte der von Byzanz ausgehenden territorialen, kulturellen, kirchlichen und ökonomischen Expansion in groben Zügen zu skizzieren und die Textauswahl zu begründen. Er zieht dabei eine Trennungslinie bei dem Jahr 1204, als die Rivalität zwischen der westlich-lateinischen und der griechisch-orthodoxen Christenheit eskalierte und die Kaiserstadt Konstantinopel von den Latei­nern erobert wurde. Im ersten Teil (The buoyancy of Byzantium before 1204: its manifest destiny and many frontiers) kommen Beiträ­ge zum Abdruck, die sich u.a. mit Einzel­aspek­ten des byzantinischen Phänomens (Ausprä­gungen der Kaiseridee und des kaiserlichen Hofzeremoniells, Zukunftserwartungen in der byzantinischen Gesellschaft) befassen und am Beispiel der wirtschaftlichen Aktivitäten im östlichen Mittelmeerraum und im vormongolischen Russland sowie der missionarischen Aktivitäten der byzantinischen Reichskirche die Dynamik und die Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit von Byzanz demonstrieren. Im zweiten Teil (After the Fall: Shifting centres of the orthodox world) werden die Ausstrahlungen der vom byzantinischen Kaiserhof geprägten religiösen und politischen Kultur nach Osteuropa und in die Rus’ beleuchtet.

Unter den Autoren sind namhafte Vertreter der Byzantinistik und der Russland- bzw. Balkangeschichtsschreibung (u.a. John Meyendorff, Di­mitri Obolensky, Michael Cherniavsky, David B. Miller, André Grabar, Thomas N. Noonan, Robert L. Wolff, Sima M. Cirković) zu finden. Für die Textauswahl kamen im Hinblick auf den Leserkreis allerdings nur englischsprachige Publikationen in Frage. Immerhin sind die „Jahr­bücher“ mit einem Beitrag von Charles J. Hal­perin aus dem Jahre 1982 zu den Tataren in Russland („Know Thy Enemy“) vertreten. Auf eine Aktualisierung der Beiträge wurde verzichtet. Nur Paul Magdalino fügte seinen Ausführungen zur byzantinischen Eschatologie aus dem Jahre 1988 ergänzende Literaturangaben hinzu.

Edgar Hösch, Würzburg

Zitierweise: Edgar Hoesch über: Jonathan Shepard (Hrsg.): The Expansion of Orthodox Europe. Byzantium, the Balkans and Russia. Ashgate Publishing Aldershot, Hampshire, Burlington, VT 2007. = The Expansion of Latin Europe, 1000–1500. ISBN: 978-0-7546-5920-4, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. Neue Folge, 57 (2009) H. 3, S. 426: http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/Rez/Hoesch_Shepard_Expansion.html (Datum des Seitenbesuchs)