Rossija i grečeskij mir v XVI veke. V dvuch tomach [Russland und die griechische Welt im 16. Jahrhundert. In zwei Bänden]. Tom 1. Otv. red. S. M. Kaštanov. Izdat. Nauka Moskva 2004. 527 S., s/w-Abb., Kte.

Nach dem Fall Konstantinopels im Jahre 1453 war zwangsläufig dem Herrscher auf dem Moskauer Zarenthron eine herausgehobene Rolle innerhalb der orthodoxen Ökumene zugefallen, die nach den erfolgreichen Eroberungszügen der Osmanen im östlichen Mittelmeerraum und auf der Balkanhalbinsel unter islamische Fremdherrschaft geraten war. Abordnungen der östlichen Patriarchen aus Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem, der Klöster des Heiligen Berges Athos, des Sinai und der ehemaligen Kaiserstadt Konstantinopel weilten seither regelmäßig am Moskauer Hof. Sie traten als Bittsteller für ihre kirchlichen Einrichtungen auf, brachten aber auch wertvolle Geschenke (Ikonen, Kirchengeräte, Handschriften u.a.) und Informationen aus erster Hand über die Vorgänge im Herrschaftsbereich des Sultans mit. Im Archiv des Moskauer Außenamtes hat sich ein umfangreicher Aktenbestand zu den „griechischen“ Angelegenheiten angesammelt (RGADA, f. 52., op. 1, kn. 1–3). Er ist nicht nur für Kirchenhistoriker von hochrangigem Interesse. Schon im 19. Jahrhundert hatte er als Grundlage für die umfangreichen Aktenstudien zu den kirchlichen Beziehungen Russlands mit dem christlichen Orient von A. N. Murav’ev und N. F. Kapterev gedient. Die Akten zum 16. Jahrhundert sind in drei Teilbänden überliefert. Der dritte Band ist schon vor zwei Jahrzehnten ediert und der Forschung zugänglich gemacht worden (Posol’skaja kniga po svjazjam Rossii s Greciej (pravoslavnymi ierarchami i monastyrjami). 1588–1594 gg. Podgot. teksta M. P. Lukičeva i N. M. Rogožina. Moskva 1988). Die beiden älteren Teile sollen in einem zweiten Anlauf, an dem sich u.a. auch der wohl beste Kenner der griechischen Handschriftenkunde und der einschlägigen Bestände in Russland B. L. Fonkič beteiligt hat, publiziert werden. Der vorliegende erste Band, der die Akten zu den Jahren 1509–1571 erfasst, beeindruckt durch die textkritische Gründlichkeit und editionstechnische Sorgfalt, mit der die Herausgeber an die schwierige Aufgabe herangegangen sind. Auf einer eigenen archäographischen Expedition haben sie auch die von den Moskauer Zaren ausgefertigten Urkunden und Dokumente in den Athosklöstern gesichtet und in die Editionsvorbereitungen einbezogen. Dem eigentlichen Editionsteil (S. 127–306, dazu Ergänzungen aus anderen Beständen S. 334–376) vorangestellt ist eine Bestandsbeschreibung (S. 8–40) und eine eingehende kodikologische Untersuchung der Manuskripte (S. 41–83) durch den verantwortlichen Herausgeber S. M. Kaštanov. L. V. Stoljarova hat eine paläographische Auswertung (S. 84–126) beigesteuert. Besondere Hervorhebung verdient die anhangsweise beigefügte Edition des „Carskij sinodik“ (S. 398–400) zur Ahnenreihe der Moskauer Herrscher. Er war vom Zarenhof 1557 zusammen mit einem Begleitschreiben Ivans IV. an den Ökumenischen Patriarchen Joasaph II. geschickt worden und sollte den berechtigten Anspruch Moskaus auf die Zarenkrönung untermauern. Der Herausgeber hat sich in verdienstvoller Weise in seinem Kommentar (S. 401–430) erstmals um eine systematische Identifikation der aufgeführten Namen bemüht. Eine wertvolle Orientierungshilfe für den Benutzer leistet der ausführliche Personen-, Orts- und Sachindex zur Gesamtedition. Die baldige Veröffentlichung des angekündigten Folgebandes wäre dringend erwünscht.

Edgar Hösch, Würzburg

Zitierweise: Edgar Hösch über: Rossija i grečeskij mir v XVI veke. V dvuch tomach [Russland und die griechische Welt im 16. Jahrhundert. In zwei Bänden]. Tom 1. Otv. red. S. M. Kaštanov. Izdat. Nauka Moskva 2004. 527 S., s/w-Abb., Kte. ISBN: 978-5-02008753-8, in: http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/Rez/Hoesch_Rossija_i_greceskij_mir_Tom_1.html (Datum des Seitenbesuchs)