Jahrbücher für Geschichte Osteuropas

Herausgegeben im Auftrag des Osteuropa-Instituts Regensburg
von Martin Schulze Wessel und Dietmar Neutatz

Band 58 (2010) H. 1, S.  107-108

Vadim Viktorovič Kargalov Russkie voevody XVI–XVII vv. [Russische Heerführer des 16.–17. Jhs.]. Izdat. „Veče“ Moskva 2005. 382 S., 35 Abb. = Voennye tajny Rossii. ISBN: 5-9533-0813-2

Dieses bereits 2006 in zweiter Auflage erschienene Buch, in dessen elf Kapiteln vierzehn Heerführer dargestellt werden, setzt, genau genommen, mit dem ausgehenden 15. Jahrhundert unter Ivan III. ein und reicht bis in die frühpetrinische Zeit. Das erste Kapitel beginnt mit Fedor Kurbskij Černyj und Ivan Saltyk-Travin und ihrem Feldzug nach Westsibirien im Jahr 1483; das letzte Kapitel schließt mit Aleksej Šejn und Boris Šeremetev, deren militärische Karriere zwei Jahrhunderte später mit ihrer Teilnahme am Krim-Feldzug begann. Die dazwischen liegende Zeit ist entsprechend den Phasen der außenpolitisch-militärischen Auseinandersetzungen Moskaus sowie der Entwicklung der militärischen Technik und Strukturen gegliedert, wie sie sich in den Porträts der jeweiligen Heerführer widerspiegeln. Genannt seien hier beispielsweise Ivan Šujskij und der gegen die westlichen Nachbarmächte gerichtete Livländische Krieg, Dmitrij Požarskij als Führer des Aufgebotes, das die polnischen und schwedischen Interventen aus dem russischen Land vertrieb, oder Grigorij Romodanovskij, der Parteigänger des Naryškin-Clans, der die türkisch-tatarischen Truppen vor Čigirin und bei Bužina besiegte, 1682 an der Abschaffung des mestničestvo mitwirkte und schließlich dem Aufstand der Strelitzen zum Opfer fiel.

Seinen Grundgedanken schildert der Verfasser in der knappen Einleitung, und es gelingt ihm auch, ihn in seinem Buch durchzuhalten: Er will darstellen, wie die unmittelbare militärische Führung vom Moskauer Großfürsten bzw. Zaren – also dem Herrscher an der Spitze seiner Truppen – in Anbetracht der wachsenden und vielfältiger werdenden Aufgaben des Herrscheramtes immer mehr in die Hände von Adeligen überging, die ihre militärischen Fähigkeiten und ihre Loyalität gegenüber dem Herrscher unter Beweis stellten und im Laufe der Zeit von „Heerführern“ (voevody) zu „Feldmarschällen“ (fel´dmaršaly) und „Generälen“ (generaly) wurden. Im Gegensatz zu dieser Verwestlichung der Bezeichnungen für die militärischen Dienstgrade steht, so behauptet dies zumindest Kargalov, anders als bei den Söldnerheeren der westlichen europäischen Mächte, die rein russische Nationalität der Truppen im Dienste des Herrschers. Damit sind wir bei dem eigentlichen Anliegen des Verfassers, der gemäß dem Titel der Reihe, in der sein Buch erschienen ist, militärische „Geheimnisse“ Russlands publik machen will: einem breiten Leserkreis die weithin unbekannten Feldherren und Helden der Kriege Russlands nahezubringen und diesen damit zum Patriotismus zu erziehen. Wer zugunsten dieses „vaterländischen“ Bildungszieles bereit ist, über das Fehlen jeglichen Beleges und Literaturhinweises hinwegzusehen, der mag hier seine herzerwärmende Grundbildung erwerben.

Hans Hecker, Düsseldorf

Zitierweise: Hans Hecker über: Vadim Viktorovič Kargalov: Russkie voevody XVI–XVII vv. [Russische Heerfuehrer des 16.–17. Jhs.]. Izdat. „Veče“ Moskva 2005. 382 S. = Voennye tajny Rossii. ISBN: 5-9533081-3-2, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. Neue Folge, 58 (2010) H. 1, S. 107-108: http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/Rez/Hecker_Kargalov_Russkie_voevody.html (Datum des Seitenbesuchs)